NRW LFDK 18.10.2017 09.20 Uhr

Drei Impulse für kulturpolitische Arbeit vor Ort

Wie kann kulturpolitische Arbeit direkt vor Ort aussehen? Das haben wir mit lokalen Künstler*innen-Netzwerken von Wuppertal bis Münster in einem ersten Treffen im Landesbüro diskutiert.  

Als Impulsgeber von außen war Christophe Knoch mit dabei. Er ist seit 2012 Sprecher der spartenübergreifenden Koalition der Freien Szene Berlin. Spätestens nach der Vorstellungsrunde war klar: Die Ausgangssituation in jeder einzelnen Stadt ist extrem individuell - und gerade das macht die Arbeit an der Basis so wichtig.  

Aber auch ein paar generelle Anstöße für erfolgreiche kommunale Arbeit sind aus den unterschiedlichsten Erfahrungen der Netzwerke festzuhalten:

1. Öffentliche Sichtbarkeit durch pointierte Aktionen

Mit gezielten Kampagnen, Festivals oder Webauftritten schaffen Netzwerke einen öffentlichen Blick auf die Freie Szene, auf ihre Unterschiedlichkeit und auf ihren Willen, gemeinsame Sache zu machen. Diese Aktionen haben Weggucken schwergemacht:

  • BoBiennale, Bochum: Bei der BoBiennale haben sich 2017 mehr als 160 Künstler*innen mit rund 200 Angeboten zusammengetan, um an 10 Tagen den „künstlerischen und kulturellen Reichtum Bochums sichtbar“ zu machen. Der Bochumer Kulturstammtisch hat das Festival initiiert.  
  • Black Screen, Berlin: Für einige Wochen haben im September 2013 fast alle freien Häuser, Projekträume, Spielstätten und Gruppen in Berlin ihrer Website einen schwarzen Bildschirm vorgeschaltet. Ein Text verwies auf die Schlüsselrolle der Freien Szene im Kulturleben der Stadt und forderte eine sofortige Stärkung der Szene: „Geist ist noch flüchtiger als Kapital – Haltet ihn fest!“.  
  • Feedback-Panorama, Wuppertal: Das Freie Netz Werk Kultur in Wuppertal hat bei einem Treffen das Feedback von rund 40 Künstler*innen und Kulturschaffenden zur Kulturtrasse 2017 gesammelt. Anschließend hat die Initiative die Ergebnisse sortiert und der Stadt als kollektive Rückmeldung zum Kulturfest überreicht.   

2. Kulturpolitische Debatte ≠ Künstlerische Debatte

In einigen Initiativen versammeln sich ebenso viele unterschiedliche Kunstbegriffe wie Künstler*innen. Eine daraus entstehende Wertedebatte, welche Art des Schaffens mehr Berücksichtigung verdienen müsse, schadet vor allem den Diskutierenden.

Besser: Ein Sprecherteam, das die gemeinsamen Bedarfe unterschiedlicher Akteur*innen in einer Stimme bündelt. Durch die Vielzahl der vertretenen Akteur*innen rückt eine künstlerische Diskussion in den Hintergrund – zugunsten struktureller Themen.

Einige Initiativen führen das noch weiter, indem sie Bedarfe bewusst spartenübergreifend äußern. In vielen Städten machen darstellende Künstler*innen inzwischen gemeinsame Sache mit freischaffenden Maler*innen, Musiker*innen und Autor*innen.

3. Wissen über parlamentarische Abläufe

Schnell kommt Frustration auf, wenn „die Politik“ wiederholt nicht ganz versteht, warum eine Produktion eine Produktionsleitung benötigt, warum Tänzer*innen einen anderen Boden wollen als Schauspieler*innen oder warum ein Eigenanteil für Freie Gruppen nur selten zu stemmen ist.

Künstler*innen selbst wissen aber im Gegenzug oft kaum etwas darüber, wie der Haushalt beschlossen wird, wann der richtige Zeitpunkt zum Einbringen von Forderungen ist oder in welcher Form sich ein Kulturausschuss am besten adressieren lässt. Dabei ist dieses Wissen essentiell für eine effiziente und erfolgreiche Interessenvertretung. Wer Politik verändern will, muss ihre Abläufe kennen.

Und jetzt?

Wo nehmen freie Künstler*innen die Zeit für Engagement in diesem Ausmaß? Sollten Initiativen bewusst ehrenamtlich arbeiten oder die Schaffung von Stellen anstreben? Was würde das bedeuten für die oft bewusst freie Struktur der Netzwerke? Sollte eine Person, die für Interessen der Künstler*innen spricht, unbedingt selbst künstlerisch tätig sein?

Viele Fragen und Themenschwerpunkte liegen nun auf dem Tisch, das Interesse der Initiativen am gegenseitigen Austausch und gemeinsamen Weiterdenken ist da. Weitere Treffen mit bestimmten Schwerpunkten werden folgen.

Links zu verschiedenen Initiativen in NRW:

Bochumer Kulturstammtisch

Kultursprung Duisburg e.V.

Freie Szene Düsseldorf

moNOkultur Münster

Kulturbeirat Witten

Freies Netz Werk Kultur e.V.

Ihr seid auch vor Ort engagiert und würdet gern an Folgetreffen teilnehmen? Meldet euch bei j.pfahl [at] nrw-lfdk.de.

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