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Festivalzentrum FAV18
Festivalzentrum FAV18 / Foto © Sarah Rauch

FAVORITEN 2018

6. bis 16. September 2018

www.favoriten-festival.de (Festival-Website 2018)

FAVORITEN 18 Magazin (PDF-Download)

Aus dem Rhythmus der Welt gefallen – Dortmund erlebt elf Tage Experimentelles aus Tanz, Theater, Performance und Musik

Elf erlebnisreiche Tage, 40 Aufführungen von 18 eingeladenen Gruppen und eine Auslastung von 91%: Das älteste Festival der freien darstellenden Künste in Nordrhein-Westfalen fand 2018 vom 6. bis 16. September im Dortmunder Norden statt. FAV18 initiierte Begegnungen zwischen Avantgarde und Stadt, zwischen Zirkus und Tanz, Oper und Installation.

Fanti Baum und Olivia Ebert, künstlerische Leiterinnen des Favoriten Festivals 2018: „Unser Programm setzt ein deutliches Zeichen für ästhetische und experimentelle künstlerische Arbeiten, die angesichts der zunehmenden Polarisierung politischer Debatten einen Raum für Komplexität und Diskussion schaffen. Die 18 ausgewählten künstlerischen Positionen haben gezeigt, dass die freien darstellenden Künste sich gleichermaßen zu den gesellschaftlichen Gegenwarten positionieren, wie sie Wege ins Unbegangene suchen. Mit Expertise und Dilettantismus lässt sich freies Theater auf Unprobiertes ein, eignet sich Formen und Wissen anderer Disziplinen an und fügt sie zu immer neuen ästhetischen Konstellationen.“

Claudia Kokoschka, Leiterin des Dortmunder Kulturbüros und langjährige Unterstützerin des Festivals: „Dortmund kann stolz sein auf dieses älteste Festival der freien Theaterszene, das hier wieder einmal mit außergewöhnlichen ästhetischen Mitteln den Blick auf unbeachtete oder verschwiegene gesellschaftliche Entwicklungen richtet und kreative Brücken zwischen sich sonst nicht begegnenden Welten baut“.

Harald Redmer, Leiter des NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste: „Wir brauchen frei arbeitende Künstler*innen gerade in politisch schwierigen Zeiten. Freischaffende Künstler*innen verfügen über die Fähigkeit und den Mut, Gesellschaft neu zu denken. Hier geht es um nichts Geringeres als an der Gesellschaft der Zukunft zu arbeiten. Die freien darstellenden Künstler*Innen stellen sich diesem gesellschaftlichen Auftrag. Das Festival hat dies nachdrücklich unter Beweis gestellt."

Standing Ovations und angeregte Diskussionen

Bereits die Eröffnung "Fin de Mission / Ohne Auftrag" leben des Bochumer kainkollektiv und der Kameruner Theatergruppe OTHNI sorgte für stehende Ovationen und angeregte Diskussionen über postkoloniale Machtverhältnisse, gesellschaftliche und individuelle Verantwortung. Beispielhaft für ein diverses und mutiges Programm war auch der Konzertabend des Theatermachers Ariel Efraim Ashbel mit Liedern der legendären ägyptischen Sängerin Oum Kalthoum unter Beteiligung von Musikerinnen und Musikern aus NRW im Theater im Depot.

Weitere Highlights waren das Projekt mit der Regisseurin Claudia Bosse, deren Stück "POEMS of the DAILY MADNESS" unter Beteiligung eines Bochumer Chors seine NRW-Premiere auf dem Festival erlebte und die Zusammenarbeit mit dem renommierten Soundkünstler Tarek Atoui, der gemeinsam mit Léo Maurel ein vollkommen neues Instrument entwickelte, das erstmals in einer Ausstellung und einem Konzert in Dortmund aktiviert wurde und demnächst in New York präsentiert wird.

Über die Hälfte der Abende war restlos ausverkauft. Die 18 Stücke aus den Bereichen Theater, Performance, Tanz und Musik begeisterten das Publikum. Internationale Gäste aus Mexiko, Äthiopien, Kanada, Israel und Estland konnten das Festival fünf Tage dank des Internationalen Besucherprogramms des NRW KULTURsekretariats begleiten.

Gegen Tendenzen des Definitiven und der Stabilität

Angesichts zunehmender Rufe nach kulturellen Leitbildern und dem Erstarken von identitären und nationalen Stimmen interessieren sich die künstlerischen Leiterinnen des Festivals, Fanti Baum und Olivia Ebert, für die Ausgabe 2018 besonders für künstlerische Strategien, die sich Tendenzen des Definitiven und der Stabilität zu entziehen suchen. Wie kann sich darstellende Kunst politischen wie ästhetischen Leitkulturen verweigern? Wie lassen sich hieraus ästhetische Spielräume erobern? Und welches künstlerische Experiment attackiert soziale Wirklichkeiten?

Das Favoriten Festival möchte jenen künstlerischen Positionen Gehör verschaffen, Raum geben, die alternative Wahrnehmungsmuster zeichnen und hegemoniale Logiken durchkreuzen, unversöhnt bleiben mit den Identifizierungsmechanismen und repressiven Tendenzen der Gegenwart.

Die künstlerische Leitung von FAVORITEN 2018

neue Festivalleitung FAV18 — Bild von Jörg Baumann

Fanti Baum lebt als freie Performancekünstlerin und Theoretikerin in Frankfurt am Main. In der Spielzeit 2007/08 erhielt sie das künstlerische Projektstipendium FORMAT vom Thalia Theater Halle und der Deutschen Bank Stiftung. Im Anschluss arbeitete sie als Dramaturgin für das Theater Winkelwiese in Zürich (2008—2010), für das Ausstellungs- und Performance-Projekt »Demonstrationen. Vom Werden normativer Ordnungen« für den Frankfurter Kunstverein (2010—2012), mit der Produktion »Josefine« im Fonds experimentelles Musiktheater NRW (2012) und mit Claudia Bosse am Tanzquartier Wien (2014). Sie ist Teil der Performancegruppe Arty Chock, dessen Arbeiten zuletzt im Landestheater Marburg, im MMK Frankfurt und beim Lichter Filmfest Frankfurt zu sehen waren. 2016 lehrte sie zusammen mit Charlotte Pistorius an der Universität der Künste Berlin und mit Stefanie Lorey im Rahmen der »Frankfurter Positionen« an der Universität Frankfurt.

Olivia Ebert studierte Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte in Frankfurt am Main und arbeitet seit 2009 als Kuratorin und künstlerische Produktionsleiterin im Kontext freier darstellender Künste. 2009—2011 sowie 2016 kuratierte sie das Aerowaves-Festival für junge Choreograf*innen in Frankfurt. In freien Projektzusammenhängen unterstützt sie Künstler*innen bei Konzeptionierung, Antragsstellung und Stückentwicklung. Als Produktionsleiterin am Künstlerhaus Mousonturm war sie u.a. für das großangelegte Stadtraumprojekt »EVAKUIEREN« des japanischen Künstlers Akira Takayama (2014) und die Tanzplattform Deutschland (2016) verantwortlich. Im Sommersemester 2016 und Wintersemester 2017 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt.

Foto © Jörg Baumann

Das Online-Magazin SPACE

SPACE entstand als Online-Magazin des Favoriten-Festivals im gemeinschaftlichen Austausch zwischen Festival-Team und Künstler*innen. Bis zum Favoriten Festival im September hat SPACE künstlerische Arbeiten, Texte und Arbeitsweisen aus dem Festivalprogramm und darüber hinaus gefeatured.

In den monatlichen Ausgaben trafen ästhetische, performative und politische Perspektiven zu je einem Themenfeld aufeinander: VOICE, PLACE, FAKE, STRIKE, LOVE.

> Online-Magazin SPACE

Preise: 40.000 EUR Ground Support vom NRW KULTURsekretariat für unabhängiges künstlerisches Arbeiten

Eine unabhängige Jury, zusammengesetzt aus Anta Helena Recke (Regisseurin), Ingrida Gerbutavičiūte (Tanzwissenschaftlerin und Kuratorin) und Florian Ackermann (Dramaturg), traf nach Ende des Festivals am Montagvormittag die Entscheidung über den vom NRW KULTURsekretariat gestifteten FAVORITEN-Preis GROUND SUPPORT. Ein Preisgeld von jeweils 10.000 Euro erhielten:

  • Lea Letzel & Luísa Saraiva
  • i can be your translator
  • Overhead Project
  • Sebastian Blasius

Der Preis war in diesem Jahr als GROUND SUPPORT für künstlerisches Arbeiten konzipiert und konnte von den Gruppen für ihre kontinuierliche künstlerische Arbeit jenseits projektgebundener Förderung und Antragsstellung eingesetzt werden.

Ähnlich dem bekannten Ground Support in der Theatertechnik, der es als selbsttragendes Traversen-System ermöglicht, in jedem Raum Licht- und Tontechnik anzubringen, war es Ziel des Favoriten-Preises GROUND SUPPORT die künstlerische Arbeit der Gruppen unabhängiger von den äußeren Bedingungen machen. Damit setzten das Favoriten Festival und das NRWKS ein Zeichen für den dringenden Bedarf nach mehr projektunabhängiger Förderung in der freien Szene der darstellenden Künste in Nordrhein-Westfalen.